Das Telefon klingelt, ich nehme den Hörer ab und melde mich: „Montessori-Kinderhaus, Stöhr“. Ein kurzes zögern am anderen Ende der Leitung und die verblüffte Frage: „Bin ich nicht in der Kita „Kinderland“ auf der Schillerstraße in Copitz gelandet?“. Diese oder ähnliche Fragen erreichen uns immer wieder. Vielleicht kann ich etwas Licht in das Dunkel bringen. Dazu möchte ich Sie einladen auf eine Reise durch die Geschichte unseres Hauses.
Das Haus wurde 1967 gebaut und als Kombi II seiner Nutzung übergeben. Die Kombi II war eine Einrichtung in deren einer Hälfte des Hauses der Kindergarten untergebracht war und in der anderen Hälfte die Kinderkrippe. Die beiden Bereiche waren strikt voneinander getrennt, hatten keinerlei Kontakt miteinander und unterstanden einerseits der Volksbildung (Kindergarten) und andererseits dem Gesundheitswesen (Kinderkrippe).
Mit der Wende 1989 wurde diese Trennung aufgelöst und Krippe, Kindergarten und nun auch neu der Hort dem Sozialministerium unterstellt. Frau Achilles, die damalige Leiterin und heute Vorstandsmitglied unserer Lebenshilfe, hatte nun die Aufgabe diese Bereiche zusammenzuführen. Zu diesem Zeitpunkt war die Stadtverwaltung Pirna zuständig für die Kindereinrichtungen.
Im August 1994 übernahm der Lebenshilfe Pirna-Sebnitz-Freital e.V. die Trägerschaft der Einrichtung. Der Verein, der sich insbesondere für die Betreuung und Förderung von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung einsetzt, prägte selbstverständlich auch die Inhalte der pädagogischen Arbeit in der damaligen Einrichtung. Aus der Kombi II wurde die integrative Kindertagesstätte „Kinderland“. Die pädagogische Ausrichtung erforderte selbstverständlich auch entsprechende Qualifizierungen. Die Erzieher*innen absolvierten u.a. heilpädagogische und sprachheilpädagogische Zusatzqualifizierungen.
Im Jahr 2000 starteten die ersten Mitarbeitenden in einem Montessori-Diplom-Kurs eine 2-jährige Ausbildung zum Montessori-Pädagogen*innen. Mit ihrer Arbeit eröffneten sie unseren Kindern und uns als Kollegen*innen völlig neue Welten. Immer mehr Mitarbeitende qualifizierten sich in den folgenden Jahren zu Montessori-Pädagogen*innen.
Im Jahr 2007 konnten wir schließlich alle Kriterien erfüllen, um die Anerkennung als Montessori-Hospitations-Einrichtung zu erlangen und aus der Kita „Kinderland“ wurde das Integrative Montessori-Kinderhaus „Kinderland“. Der Ursprung für die Bezeichnung „Kinderhaus“ liegt in dem von Maria Montessori 1907 gegründeten Kinderhaus („Casa dei Bambini“), in dem benachteiligte Kinder der sozialen Unterschicht in einem Armenviertel in Rom betreut wurden. Heute sind Montessori-Kinderhäuser Orte, an denen Kinder in vorbereiteter Umgebung in ihrem eigenen Tempo und nach eigenen Interessen spielen, lernen und wachsen.
Inzwischen sind viele Jahre vergangen, aus gelebter Integration ist nun der Gedanke von Inklusion das große Thema. Ein Thema, das allen am Herzen liegt und wofür der Gesetzgeber doch (noch) kaum Raum für Umsetzung ermöglicht. Ich bin einfach mal so frech und behaupte, für uns als Kinderhaus braucht es weder Integration noch Inklusion (bezogen auf das Bild vom Kind!).
Vielleicht mal so ganz nebenbei: Wenn ein 4-jähriges Kind im Zahlenbereich bis 1000 arbeitet, liest und schreibt und ein anderes Kind sich gern „einfach nur“ sprachlich mitteilen möchte aber noch keine Möglichkeiten dafür sieht, das nächste Kind Hilfe beim Anziehen benötigt und, und, und … was glauben Sie, worauf sollte unser Fokus liegen?
Wir nehmen die Kinder so an wie sie sind, schauen wo sie stehen und unterstützen sie dabei ihren eignen, individuellen Weg zu finden.
Oder mit den Worten von Maria Montessori: „Die Aufgabe der Umgebung ist nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.“
Annett Stöhr, Einrichtungsleiterin Integratives Montessori-Kinderhaus „Kinderland“
Kurzfassung:
1967 – 1994 Kinderkombination II
1994 – 2007 Integrative Kindertagesstätte „Kinderland“
2007 Integratives Montessori-Kinderhaus „Kinderland“